Schon wieder Mehrwertsteuererhöhung?
Wie den Medien zu entnehmen ist, plant die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Reform der
Mehrwertsteuer. Andiskutiert wird in diesem Zusammenhang, welche Ausnahmen vom Regelta-
rif, d. h. 19 %, gestrichen werden sollen.
Wie den Medien weiterhin zu entnehmen ist, gibt es eine Studie, die das Bundesfinanzministe-
rium bei der Universität Saarbrücken in Auftrag gegeben hat und die zu dem Ergebnis kommt,
dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 % komplett gestrichen werden soll und zugleich
der Einheitssteuersatz von 19 % gesenkt werden soll.
Zur Erinnerung:
Bis zum Jahre 1968 gab es keine Mehrwertsteuer, sondern eine Umsatzsteuer; diese betrug bis
zum 31.07.1968 5,5 %. Die damalige Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD (Große Koa-
lition)  erhöhte  den  Umsatzsteuerbetrag  unter  Kreation  eines  neuen  Namens  (Mehrwertsteuer)
von 5,5 % ab 01.08.1968 auf 10 % mit der Maßgabe, dass dieser zum 01.08.1969 auf 11 % an-
steigt. Innerhalb von einem Jahr ergab sich insofern eine Verdoppelung der Umsatzsteuer.
Alle nachfolgenden Bundesregierungen, unabhängig davon ob es sozial-liberale oder christlich-
liberale Regierungen waren, erhöhten die Mehrwertsteuer immer weiter, sodass diese zu Beginn
der  letzten  großen  Koalition  bei  16  %  lag.  Im  damaligen  Bundestagswahlkampf  forderte  die
Union eine Erhöhung auf 18 % und die SPD schwor Stein und Bein, dass es bei 16 % bleiben
müsse. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt: Aufgrund einer wohl eher nicht nachvollziehbaren
politischen Arithmetik ergaben sich daraufhin 19 % Mehrwertsteuer. Von diesem Regelsatz sind
bestimmte  Produkte,  insbesondere  Lebensmittel,  ausgenommen.  Hier  beträgt  der  Mehr-
wertsteuersatz 7 %.
Für Personen im unteren Einkommenssegment bedeutet eine Erhöhung von 7 % bei Lebens-
mitteln auf z. B. 16 oder 18 % Mehrwertsteuer eine erhebliche Erhöhung ihres aufzuwendenden
Betrages für Nahrungsmittel. Je niedriger das Einkommen, desto höher ist der Anteil, der vom
verfügbaren Einkommen für Nahrungsmittel ausgegeben werden muss. Eine Streichung der 7
%prozentigen  Mehrwertsteuer für  Lebensmittel  betrifft  insofern  die  arme  Bevölkerung  und  be-
günstigt,  wenn  zugleich  der  Regelmehrwertsteuersatz  gesenkt  wird,  diejenigen  Personen,  bei
denen  die  Aufwendungen  für  Nahrungsmittel  nur  einen  kleinen  Teil  des  verfügbaren  Einkom-
mens ausmachen. Es ist eine klassische Umverteilung zulasten der armen Bevölkerung.Zur  Wirkungsweise  der  Mehrwertsteuer  sei  angemerkt,  dass  die  Chefökonomen  von  Banken
und  Versicherungsgesellschaften  aber  auch  der  Regierung  diese  besonders  lieben,  da  die
Mehrwertsteuer  eine  reine  Endverbrauchersteuer  ist.  Die  von  den  Firmen  bezahlte  Mehr-
wertsteuer können  sie  gegenüber  dem  Finanzamt  als  Vorsteuer  absetzen,  sodass  für  Firmen
und Selbstständige die Mehrwertsteuer de facto nicht gilt. Endverbraucher und hier insbeson-
dere  diejenigen  Personen,  die  in  prekären  Beschäftigungsverhältnissen  leben,  bei  denen  sich
der Lohn nicht ohne weiteres erhöhen lässt, werden durch eine solche Maßnahme noch weiter
in die Enge getrieben und das Grundprinzip, dass der Staat sich mit der Erhebung von Steuern
und Gebühren zurückzuhalten hat bis das Existenzminimum sichergestellt ist wird in krassester
Form durchbrochen. Dies ganze geschieht vor dem Hintergrund, dass der Bund für die marode
Hypo Real Estate neben 8 Milliarden tatsächlicher Zahlung für 142 Milliarden Euro bürgt.
Sozial ist das jedenfalls nicht.
14.09.2010

(zurück)