Sommer – Sonne – Sommerloch
Jedes Jahr, wenn halb Deutschland in Urlaub ist, stellt sich die Frage neu: Welche Headline wird
der Knaller dieses Sommers?
Gute Chancen hat die Nachricht, dass jede Gemeinde für ihre Hartz-IV-Empfänger, die sie so-
wieso nicht leiden kann, Mietobergrenzen autonom festlegen kann.
Eine solche Regelung dürfte mit der bisher ergangenen Rechtsprechung sowohl des Bundesso-
zialgerichts  als  auch  des  Bundesverfassungsgerichts  kaum  in  Einklang  zu  bringen  sein.  Die
Kosten der Unterkunft bestimmen sich bei Hartz-IV-Empfängern nach § 22 SGB II. Das SGB II
ist ein Bundesgesetz und eine lokale Interpretation eines Bundesgesetzes dürfte allenfalls von
den entsprechenden ARGEn (Das Sozialrecht nördlich der Ruhr sind wir!) gewünscht werden,
für alle anderen wäre dies nicht wünschenswert.
Aus dem Kreis der Präsidenten der Landessozialgerichte gibt es in der Tat Wünsche nach einer
Pauschalierung der Kosten der Unterkunft. Eine solche Pauschalierung ließe das Gesetz auch
durchaus zu, allerdings sind die jeweiligen lokalen Mieten sehr  unterschiedlich.  Für  den  Preis
einer  möblierten  Hundehütte  in  Düsseldorf  kann  man  in  Bochum  oder  Dortmund  schon  recht
respektable Wohnungen anmieten. Eine Pauschalierung kann sich notwendigerweise nicht auf
den Preis, sondern nur auf andere Kriterien beziehen. Eine Pauschalierung der Unterkunftskos-
ten  würde  im  Übrigen  zunächst  einmal  zu  erheblichen  Mehrkosten  für  die  Gemeinden  führen
und die Ermittlung dieser Pauschale darf nicht völlig willkürlich sein, sondern muss sich anhand
rational  nachprüfbarer  Verfahren  bestimmen.  Über  diese  Verfahren  würde  dann  trefflichst  bei
den Sozialgerichten gestritten werden, sodass nicht nur Mehrkosten für die Gemeinden anfallen
würden sondern darüber hinaus auch mit einer großen Anzahl von Klageverfahren bei den Sozi-
algerichten zu rechnen ist.
Soweit Überlegungen angestellt werden, dass z. B. in Großstädten wie München kleinere Woh-
nungen als angemessen angesehen werden könnten als in den Umlandgemeinden, so hat dies
das Bundessozialgericht als rechtswidrig zurückgewiesen.
Solche Überlegungen sind nur nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Beamte
nie darüber nachdenken, dass die Zeit, die sie auf solche unsinnigen Überlegungen verwenden,
auch vom Steuerzahler finanziert wird. Solche Überlegungen sind wohl nur als Konkretisierung
der Chaos-Theorie verstehbar, denn die Idee, die Angemessenheitsgrenze der Kosten der Un-
terkunft  als  12.500-fachen  Flickenteppich  über  das  ganze  Land  zu  legen,  ist  weder  rechtlichhaltbar noch politisch durchsetzbar, sondern  taugt  allenfalls  zur  Ausfüllung  eines  nachrichten-
technischen Sommerlochs.
Bezieher von Leistungen nach SGB II und SGB XII müssen sich wegen dieser Sache jedenfalls
nicht beunruhigen und sich ihren Nachtschlaf rauben lassen.
24.07.2010

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