PRESSEMITTEILUNG
5 + 3 – Das war’s?
Statt empirisch überprüfbarer Feststellung des Regelsatzes entscheidet eine politische
Altherrenriege
Wie  den  Medien  am  21.02.2011  zu  entnehmen  ist,  hat  eine  politische  Altherrenriege  in  der
Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2011 festgelegt, dass der Regelsatz ab dem 01.01.2011 von
€ 359 für einen Alleinstehenden auf € 364 ansteigt. Zugleich ist beschlossen worden, dass ab
dem 01.01.2012 weitere drei Euro hinzukommen, sodass insgesamt € 367 ab Januar 2012 als
Regelsatz anerkannt werden.
Unterstellt, diese Werte werden tatsächlich in Gesetzesform gegossen, liegt hier ein politischer
Kompromiss  vor,  bei  dem  nicht  erkennbar  ist,  wie  die  Anforderungen,  die  das  Bundesverfas-
sungsgericht in seiner Entscheidung 1 BvL 1/09 vom 09.02.2010 gefordert hat, erfüllt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung gefordert, dass der Re-
gelsatz so zu bemessen ist, dass er dem entspricht, was vergleichbare Leute mit entsprechend
geringem Einkommen aufwenden. Das Bundesverfassungsgericht hatte also eine Feststellung
gefordert, die den anerkannten Regeln empirischer Sozialwissenschaft entspricht.
Der nunmehr in der Nacht nach der Hamburgwahl 2011 gefundene Kompromiss zeigt exempla-
risch, wie präzise ein Politikerdaumen empirische Wissenschaft zu antizipieren vermag, ja  sie
sogar erheblich übertreffen kann. Die Altherrenrunde war nicht nur in der Lage, präzise festzu-
stellen, wie hoch der tatsächliche Bedarf ab Januar 2011 war, sondern ist sogar in der Lage,
Ausgabenumschichtungen  infolge  der  Preisentwicklungen,  z.  B.  bei  den  Nahrungsmitteln,  der
Energie usw., für die nächsten 10 Monate präzise vorauszusagen.
Eine solche metawissenschaftliche Fähigkeit kann nur mit Erschaudern bewundert werden.
Dass die ganze Veranstaltung ein wenig an Tarifverhandlungen erinnert mit dem kleinen Unter-
schied, dass hier die Betroffenen nicht mit am Tische sitzen, mag insofern verschmerzbar sein,
da wie bereits oben dargelegt, Wissenschaft und Betroffene völlig überflüssig sind, da unsere
Politiker sowieso besser wissen, was gut für alle Beteiligten ist.
Ob allerdings das Bundesverfassungsgericht eine solche Metaphysik für hinreichend begründet
hält, erscheint doch sehr zweifelhaft.
Sozialberatung Ruhr e. V.
Am Bergbaumuseum 37
44791 Bochum 21.02.2011

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